Die Schleiereule (Tyto alba), die ihre Bezeichnung im Deutschen ihrem herzförmigen Gesichtsschleier verdankt, bewohnt unterschiedliche Lebensräume in vielen Gegenden der Welt und ist in gemäßigten, subtropischen und tropischen Zonen in Afrika, Europa, dem Vorderen und Mittleren Orient, Südostasien, Australien, Südamerika und Nordamerika verbreitet. Damit gehört sie zu den Vogelarten mit dem größten Verbreitungsgebiet überhaupt.

Hierzulande ist die Schleiereule eine ausgesprochene Kulturfolgerin. Sie lernte die Anwesenheit von Menschen für sich zu nutzen, sodass sie mit der Zeit in Mitteleuropa beinahe ausschließlich in oder in der Nähe menschlicher Siedlungen vorkam. Hier brütete und ruhte die dämmerungs- und nachtaktive Jägerin lange Zeit in Kirchtürmen, Scheunen und Dachböden. Direkt in den Scheunen oder auf Viehweiden und Ackerflächen fand sie ausreichend Beutetiere wie unter anderem Hausspitzmäuse und Feldmäuse, aber auch Große Mausohren (Fledermaus) und Haussperlinge. Da die Schleiereule die Anzahl von Schädlingen reduzierte, machte dies sie zu einem gern gesehenen Gast. Denn schließlich erlegt ein Schleiereulen-Paar bei guten Witterungsbedingungen bis zu 50 Mäuse pro Nacht, um ihren Nachwuchs satt zu bekommen. Landwirte luden die Schleiereule förmlich ein, Gebäude zu beziehen, indem sie sogenannte Eulenlöcher – Öffnungen durch welche die Schleiereulen in Gebäude fliegen konnten – in die Wände von Scheunen und Stallungen einarbeiteten.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts endete dieses romantisch anmutende Zusammenleben von Schleiereule und Mensch allerdings. Die Schleiereulen-Population brach zusammen und der ehemals gern gesehene Gast wurde immer seltener. Grund dafür war zunächst der Rückgang von Viehweiden und die Intensivierung der Landwirtschaft, wodurch es nicht mehr zu Massenvermehrungen von Feldmäusen kam, die bis zu 95 Prozent der Gesamtnahrung einer Schleiereule ausmachen können. Die Feldmäuse fanden in der intensivierten Landwirtschaft nicht länger einen optimalen Lebensraum und Landwirte bekämpften sie zusätzlich mit moderner Technik. Auch in Scheunen konnte die Schleiereule nicht mehr allzu viel erbeuten. Denn während die Bauern hier früher das Getreide bis in den Winter lagerten, was Mäuse anzog, speicherten sie die Ernte zunehmend sicher vor Schädlingen in Silos. Damit verlor die Schleiereule als Schädlingsbekämpferin an Bedeutung. Eulenlöcher wurden nicht mehr in Gebäude eingebaut und Kirchtürme vergittert, vor allem um verwilderte Haustauben auszusperren, was den Schleiereulen geeignete Brut- und Ruheplätze nahm. Der Mangel an geeigneten Brutplätzen stellte sich schließlich als entscheidender Grund für den Rückgang der Eule heraus. Dem wurde in den letzten 50 Jahren durch das Anbringen geeigneten Nistkästen entgegengewirkt. Studien zeigen, dass mit zunehmender Anzahl von Nistkästen, die Schleiereulenbestände wieder wachsen.

Aufgrund ihres großen Verbreitungsgebiets wird die Schleiereule im Allgemeinen auf der IUCN Red List of Threatened Species (Rote Liste gefährdeter Arten der Weltnaturschutzunion IUCN) als „nicht gefährdet“ (LC) geführt.

Schleiereule 2024

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